Chor setzt sich selbst die Krone auf

Gütersloh (gl). Passender als am Abend des Reformationstags hätte das Jubiläumskonzert zum 75. Geburtstag des Bachchors Gütersloh nicht stattfinden können. Fast vergessen schienen die Einschränkungen der Pandemiezeit, als zahlreiche Freunde der Kirchenmusik in der Martin-Luther-Kirche dicht nebeneinander Platz nahmen.

Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann hebt die Arme und blickt in die konzentriert strahlenden Gesichter seines Chors, den er seit nunmehr 19 Jahren leitet. Mit bebender Energie erklingt „Singet dem Herrn ein neues Lied!“ aus Johann Sebastian Bachs Neujahrskantate BWV 190, die der Komponist in seiner Leipziger Zeit im Jahr 1723 für die Nicolaikirche schrieb. In spürbarer Sangesfreude steigert sich der Chor und lässt den Kirchenraum mit „Herr Gott wir danken Dir!“ erstrahlen

Für die Besucher, unter denen sich Hermann Kreutz befindet, der den Chor mehr als 36 Jahre lang geprägt hatte, ist der Auftritt ein Geschenk des Himmels. Obwohl sich der Bachchor das Geschenk zum Geburtstag selbst beschert, gibt es zu diesem besonderen Anlass Glückwünsche und Grußworte von Bürgermeister Norbert Morkes, Pfarrer Stefan Salzmann und von Welf Sundermann, Vorsitzender des Fördervereins. Einstimmig heben sie das hohe Niveau und den Stellenwert des Bachchors in der heimischen Kulturlandschaft und weit darüber hinaus hervor. Ein Extra-Lob geht an Sigmund Bothmann für seine unermüdliche Förderung des Nachwuchses.

Mit Wolfgang Amadeus Mozarts „Krönungsmesse“ KV 317 setzt sich der Chor im wahrsten Sinn des Wortes selbst eine Krone auf. Ursprünglich als Teil des Gottesdienstes gedacht, herrscht an diesem Abend überzeugende Konzert-Atmosphäre. Wie so oft erweist sich das Kammerorchester „Larte del mondo“ als exzellenter Partner und vereint Chor, Orchester sowie vier Gesangssolisten in Mozarts festlichem wie kontrastreichen Werk.

Majestätisch ragt am Anfang „Kyrie“ auf. Sauber bewältigt der Chor seinen Einsatz im „Gloria“, eingebettet in sanftem Streicherklang. Obwohl in Mozarts fließender Leichtigkeit komponiert, ist es eine Herausforderung für die Sängerinnen und Sänger. Von Iyrisch-empfindsam bis kraftvoll-ergreifend agiert Carine Maree Tinney und berührt mit ihrem kraftvollen Sopran besonders im „Benedictus“.

Den Texten feinsinnig nachspürend, tragen Ivonne Fuchs mit satt timbriertem Alt, Markus Flaig mit profundem Bass und der weiche Tenor von Georg Poplutz zum Hörgenuss bei. Großartig. Mit schwungvollem, aber nie gehetztem Tempo und mit wundervoll kontemplativen Momenten vermittelt Bothmann ein lebendiges Bild des Komponisten Mozart. Mit langanhaltendem Applaus erklatscht sich das Publikum schlussendlich als Zugabe einen Auszug aus der Krönungsmesse.

Dr. Silvana Kreyer, Die Glocke vom 03.11.2021