Der Bachchor Gütersloh brachte Haydns „Sieben letzte Worte“ mustergültig zur Aufführung.

Konzentrierte Passionsmusik

Gütersloh. Es ist eines von Joseph Haydns Hauptwerken und doch selten zu hören: „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“. Komponiert für einen Jesuitenorden in Cádiz als rein orchestrale sinfonische Meditation über die in den Evangelien überlieferten Christusworte, kam später eine Streichquartett- und eine Klavierfassung dazu. Und eben die Chorfassung, die sich der Bachchor für sein Passionskonzert ausgesucht hatte. Für seinen Mut wurde Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann zwar nicht mit üppigen Besucherzahlen belohnt. Aber die geschätzt 200 Besucher zeigten mit stehend gebrachten Ovationen und Bravorufen, wie sehr Werk und Interpretation gefielen.

Mit einer Introduktion im scharf punktierten Rhythmus und großen Intervallsprüngen setzt Haydn gleich zu Beginn den Ton für die knapp einstündige Komposition, vom Orchester „L’arte del mondo“ in historischer Aufführungspraxis eindringlich und engagiert gespielt. Eine Besonderheit gilt – bis auf eine Ausnahme – für die Christusworte: Sie werden vom Chor jedem Satz à cappella vorangestellt. Gerade diese Einleitungen beeindruckten in ihren homophonen Schlichtheit durch ihre makellose Intonation und Wortverständlichkeit. Davon setzten sich die sinfonischen Chorsätze ab, die oft mit Seufzermotivik und anderen Mitteln arbeiten, um den Christusworten noch mehr Ausdruckskraft zu verleihen. Auch sie fanden im Bachchor in jeglicher Hinsicht überzeugende Gestaltung.

Eng verwoben mit Chor und Orchester ist das Solistenquartett. Die vier Stimmen greifen die Worte im Wechsel mit dem Chor auf, intensivieren den Ausdruck. Zur vokalen Show eignet sich die Musik nicht. Und in diesem besten Sinne werkdienlich brachten sich Cornelie Isenbürger (Sopran), Geneviève Tschumi (Alt), Paul Schweinester (Tenor) und Markus Krause (Bass) ein. Allesamt klangschön und expressiv, aber dem Ganzen untergeordnet. Auch das will gekonnt – und gewollt – sein.

Haydn geht es in seinem Werk Introspektion, um Tröstung des Sünders, nicht um Anklage. Insofern war die Bemerkung von Pfarrerin Wiebke Heine, dass eine

Aufführung am Sonntag „Laetare“ (Freue dich) zur Mitte der Fastenzeit auch ein Moment der Hoffnung gerade in diesen Zeiten sei. Doch vor dem Auferstehungsjubel hat Haydn das Erdbeben (Terremoto) nach der Kreuzigung gesetzt, dessen dramatische Schlagkraft nachhaltige beeindruckte. Fast unpassend, danach zu applaudieren, und doch hochverdient.

Artikel aus der NW vom 21.März 2023 (Matthias Gans)